Audi V8 4.2

Erstellt von Johannes Geissler.

1988 muss ein Raunen durch die Chefetagen in München und Stuttgart gegangen sein. Erdreisten sich doch tatsächlich die Ingolstädter, ein Oberklassefahrzeug mit permanentem Allradantrieb auf den Markt zu bringen. Der Verantwortliche: mal wieder Ferdinand Piëch. Schon in vielen Situationen hatte der Porsche-Enkel den richtigen Riecher bewiesen, ob mit dem Audi quattro oder Porsche 917, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Der Audi V8 Typ D11 basiert zum Teil auf dem Audi 100 Typ 44. Allerdings wurden viele Bereiche optisch grundlegend verändert, von den Scheinwerfern über die Kotflügel bis zur Stossstange. Auch im Innenraum setzte der V8 für seine Zeit neue Massstäbe – nur edelste Materialien fanden hier ihren Platz, was man auch heute noch spürt. Technisch lassen sich erst recht Unterschiede zum Audi 100 bzw. Audi 200 feststellen: Wie der Name schon sagt, arbeitet hier eine V8-Maschine, entweder mit 3.6 oder ab Modelljahr 1992 4.2 Litern Hubraum. Natürlich quattro serienmässig. Aufgrund seiner Komplexität durfte ein Audi V8 nur von speziellen Partnern des V·A·G Händlernetztes vertrieben und gewartet werden. Man stelle sich vor, das zu dieser Zeit, in der Golf II oder Audi 80 B3 gerade aktuell waren. Bei einem solchen V8 Partner sollte auch meine erste Begegnung mit dem Fahrzeug stattfinden: Ich erinnere mich noch ganze genau, wie ein solcher Wagen abgegrenzt von den anderen Fahrzeugen im Showroom stand, gemeinsam mit all den exklusiven Lackmustern und Lederfarben. Jeder merkte, dass es sich hierbei um etwas Besonderes handelte.

Mein Vater, welcher jahrelang Audi 100 fuhr und später auf einen 200er Avant wechselte, muss dasselbe empfunden haben. Etwa ein Jahr nach unserer ersten Begegnung, stand ein Audi V8 auch in der eigenen Einfahrt. 3.6 Automatik. Des Öfteren bekam ich von meinen Schulkameraden zu hören, „dass es ja nur ein Audi 100“ sei und ein „5er BMW die bessere Wahl“ gewesen wäre. Darauf reagierte ich bereits im Alter von neun Jahren mit einem genervten Augenrollen, denn was sollte man in einer Stadt wie Landshut auch erwarten, in der die Hälfte der Eltern meiner Schulkameraden beim dort ansässigen Münchner Autohersteller arbeiteten. Nun, ein Vierteljahrhundert später, nenne ich selbst ein solches Fahrzeug mein Eigen:

Hersteller Audi
Typ V8
Baujahr 1991
Fahrzeughalter Johannes Geissler
In Besitz seit 2016
Motor ABH 4.2
Leistung 280 PS
Felgen RS Wheels 9,5×19“
Abgasanlage BN Pipes
Fahrwerk Bilstein KAW

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Lange hatte ich nach einem passenden Fahrzeug gesucht, mein Anspruch war allerdings auch nicht der Geringste. Nach einem kurzen Flirt einem 3.6 Automatik, wurde ein 4.2 6-Gang-Handschalter mit erst 115 000 km inseriert. Nach einigen vielversprechenden Telefonaten beschlossen wir, die Reise nach Weimar anzutreten. Januar 2016, dazu später mehr.

Angekommen im tiefen Osten wurden wir von dem Fahrzeug äusserst positiv überrascht, nach einer kurzen Probefahrt und ausgiebigen Besichtigung gingen wir in die Preisverhandlung. Nachdem wir uns einig waren ging’s für den Ingolstädter zurück nachhause – Oberbayern. Bereits auf der Hinfahrt rieselte die ein oder andere Schneeflocke an uns vorbei, was uns bislang nicht sonderlich beeindruckt hatte. Auf der Heimfahrt sollten wir eines Besseren belehrt werden. Die Kombination aus Temperatursturz, Niederschlag und Sommerreifen stellte uns abseits einer ersten Drifting-Action am LKW-Parkplatz bei Hof auf eine harte Probe. Ab dort ging es mit einer Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h heimwärts.

Angekommen in der Münchner Tiefgarage machte ich mich als Erstes auf die Suche nach einer passenden Werkstatt für den V8. Wer mich kennt weiss, dass ich auch bei einem eher seltenen Fahrzeug um ein paar Modifikationen nicht umhin komme. Felgen, Fahrwerk, Abgasanlage sollten es werden. Der Partner, der meine Vorstellungen umsetzen sollte, was mit MB Tuning schnell gefunden. Wieder aufgrund der winterlichen Wetterkondition, konnte der Wagen nach zwei Anläufen tatsächlich erst Anfang März nach Grafing überstellt werden. Diese Woche war es nun endlich soweit: nach komplettem Service und gewünschten Umbauten, konnte ich den V8 endgültig übernehmen.

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Obwohl der Audi V8 insbesondere aus finanzieller Perspektive ein damaliger Flop für die AUDI AG war, freue ich mich dennoch jedes Mal, eines dieser rar gewordenen Fahrzeuge im Strassenbild wiederzusehen. Eine Parallele zum VW Phaeton lässt sich bei dieser Geschichte nicht übersehen. Dennoch bezeichnet der V8 einen Meilenstein in der Marken- und Modellhistorie von Audi und hat den Weg für den A8 bereitet, welcher heute nicht mehr aus der Oberklasse wegzudenken ist.

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Photos: Helen Radmer

 

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